Rassistische Nazidemos in Tschechien 2014

BEACHTE : DIESR BEITRAG WIRD STÄNDIG AKTUALISIERT

aktuell siehe unten (update 12.6.2014  /// Infos zur Demo am 7.6.2014 in Budišov nad Budišovkou siehe unten)

In folgendem Beitrag sollen zum Einen die Ereignisse des vergangenen Wochenendes zusammengefasst und zum Anderen die bereits angekündigten Demonstrationen tschechischer Neonazis kurz dargestellt werden.

Am zurückliegenden Wochenende begann für die tschechischen Neonazis mit gleich drei Demonstrationen die Saison der auch in diesem Jahr zu befürchtenden Anti-Roma-Märsche. Am Samstag (15. Februar 2014) fanden sowohl in Ostrava und Karlovy Vary als auch erstmalig in Příbram Demonstrationen statt, die allerdings unter ganz unterschiedlichen Mottos standen.

Im mittelböhmischen Příbram versammelten sich rund 30 Nazis, um „Für die Einhaltung der Rechte aller anständigen Bürger dieses Landes, gegen die Finanzierung des antitschechischen und rassistischen Vereins Romea o.s. durch die Regierung der Tsch. Republik“ (sic!) zu demonstrieren. Romea.cz ist ein Informationsportal, das Berichte und Reportagen zum Themenfeld Rassismus und zur Romaminderheit veröffentlicht und sich u.a. durch staatliche Mittel finanziert. Im vergangenen Jahr wurden insbesondere die Anti-Roma-Märsche aufmerksam durch romea.cz beobachtet. Angemeldet wurde die Demonstration in Přibram von Pavel Sládek Matěj, der enge Kontakte zur verbotenen Nazipartei DS („Arbeiterpartei“) und jetzigen DSSS („Arbeiterpartei für soziale Gerechtigkeit“) pflegt und Aktivist der sogenannten „Tschechischen Löwen“ ist. Dabei bestand die Gefahr, dass eine Sammelunterkunft, die unter dem Namen „Saigon“ bekannt ist und u.a. von Roma bewohnt wird, Ziel der Nazidemonstration sein könnte. Nach einer kurzen Ansprache zogen es die versammelten Nazis jedoch vor, eine Bar aufzusuchen. Parallel zur Demonstration fand bei der o.g. Unterkunft ein Kinderfest sowie eine offene Debatte mit Einwohner_innen über bestehende Probleme und mögliche Lösungsansätze statt, die von der Vereinigung KONEXE organisiert wurde.

„Nirgendwo ist Platz für Nazis“
Quelle/pramen/source: romea.cz

Am gleichen Tag versammelten sich in Karlovy Vary rund 100 tschechische und deutsche Neonazis zu einem „Trauermarsch“, der den tschechischen und deutschen Opfern des Bombardements von Dresden gedenken sollte. Die deutschen Nazis, die mit drei Reisebussen nach Karlovy Vary gefahren waren, trugen zahlreiche Transparente und auch Fackeln mit sich, die sie während des Marschs durch das Zentrum der Stadt entzündeten. Neben deutschen Nazis hatte auch deutsche Polizei den Weg in die Bäderstadt gefunden. Die Polizei hielt es jedoch trotz vielfacher Verwendung faschistischer Symbole und Parolen nicht für notwendig (so wurde beispielsweise die dt. Nationalhymne in allen drei Strophen gesungen / ein_e Teilnehmer_in trug den Schriftzug der in der BRD 2001 verbotenen Nazirechtsrockband „Landser“), einzugreifen. Den Nazis stellten sich ca. 50 Gegendemonstrant_innen entgegen.

Die Demonstration in Ostrava wiederum war von der „Delnická mládež“ („Arbeiterjugend“) angemeldet worden und stand unter dem Motto: „Vláda není národ – Kosovo je Srbsko“ („Die Regierung ist nicht die Nation – der Kosovo gehört zu Serbien“). Unter dieser Parole versammelten sich ca. 100 bis 150 Nazis, die auf ihrem Marsch von mehreren Hundertschaften der Polizei begleitet wurden. Die Demonstration zeichnete sich v.a. durch zahlreiche mitgeführte Fahnen (Slowakei, Tschechische Republik, USA verkehrt herum!) aus. Auf einem Transparent waren der Name und die Umrisse von Miloš Obilič, der u.a. in Serbien als Nationalheld verehrt wird, aufgemalt. Besonders die umgekehrte Flagge der USA ist ein höhnisches Mittel der Demonstrant_innen, wurde diese doch in den USA von den eigentlichen Ureinwohner_innen als Zeichen der Unterdrückung gewählt, was auch strafrechtliche Konsequenzen hatte. Der Ausdruck dessen wird somit völlig ins Lächerliche gezogen, da die serbischen Nationalisten die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo 2008 als imperialistischen Akt der USA/UNO versuchen umzudeuten. Ob die Demonstration etwas mit dem Nationalfeiertag 17.2. zu tun hat, ist unklar.

Rückblickend können die Demonstrationen am 15. Februar aufgrund der geringen Teilnehmerzahl als Flop für die Nazis bezeichnet werden. Besonders der enge Schulterschluss zwischen deutschen und tschechischen Nazis in Karlovy Vary wirft jedoch seine Schatten voraus und es bleibt zu befürchten, dass eine Mobilisierung deutscher Nazis für die am 1. Mai in Ústí nad Labem angemeldete Nazidemo weitaus umfangreicher ausfallen könnte.

Weitere bislang für 2014 angemeldete Demonstrationen:

1.3. Ostrava (Motto: „Für die Einhaltung der Rechte aller anständigen Bürger dieses Landes, gegen die Finanzierung des antitschechischen und rassistischen Vereins Romea o.s. durch die Regierung der Tsch. Republik“)

1.3. Plzeň: selbes Motto wie zuvor

Berichte über den 1.3. hier und hier (Vorbericht)

29.3. Duchcov: 8 bis 22 Uhr – Nazidemonstration „gegen“ die NGO Konexe (welche bisher viele der antirassistischen Proteste/Feste organisierte) unter dem Motto „Duchcover Straßen für Duchcover Bürger – Protest gegen die sinnlose Blockade der Stadt durch die Bürgervereinigung Konexe“ (tsch. „ DUCHCOVSKÉ ULICE PRO DUCHCOVSKÉ OBČANY“ Protest proti nesmyslnému blokování města občanským sdružením Konexe.)

Angemeldet vom DSSS Mitglied Jindřich Svoboda, der auch für den 6.9.2014 eine Wahlkampfveranstaltung für die DSSS in Duchcov angemeldet hat. Reserviert sind die Straßen Míru, Skladištní, Havířská, Studniční, Bratří Čapků, Svatopluka Čecha, Husova, der Platz nám. Legií sowie die Plätze nám. Republiky und nám. Jiřího z Poděbrad.
Hinweis: Es handelt sich dabei just um diejenigen Straßen und Orte, an denen hauptsächlich Roma wohnen und die bislang immer Ziel der teils sehr agressiven Demonstrationen in Duchcov waren.  Durch die Anmeldung der Demonstration unmittelbar in besagten Straßen sind die Anwohner_innen stark gefährdet!

Die inhaltliche Ausrichtung der für den 29.3.2014 ab 14 Uhr in Duchcov angemeldeten Nazi-Demonstration wurde durch die Anmelder_innen geändert. Aufgrund der „unverständlichen Entscheidung des Kreisgerichts in Ústí nad Labem [so auf der Facebook Seite, sei] das Ziel auch der Protest gegen die unverhältnismäßig niedrige Strafe für die Z[Wort]-Angreifer aus Duchcov“.

Hintergründe:

Einschätzungen zum Vorfall in Duchcov vor dem Gerichtsprozess gegen die Gewalttäter_innen vom Mai 2013 (engl.)

engl. Artikel während des Prozesses

abschl. Artikel auf Tschechisch von M. Pape

tsch. Artikel in der „Blesk“ (Axel Springer Gruppe) zum Urteil

tsch. Offener Brief der Angegriffenen

engl. Offener Brief der Angegriffenen

Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle auch, an den vor ca. einem Jahr ermordeten Rom Ivan Jarka (49) aus Teplice, erinnert werden. Dieser wurde während eines Festes der Bädersaisoneröffnung bei einer körperlichen Auseinandersetzung getötet. Die Medien kolportierten damals (und teilweise jetzt noch) dass es sich bei dem 49-Jährigen um einen „Bratwurst“-Dieb handeln würde.  Artikel von uns von damals.

Artikel vom Juni 2013 zum Vorgang

engl. Artikel zum Gerichtsprozess vom 25.3.2014

engl. Artikel zum Gerichtsprozess vom 27.3.2014

Artikel bei Jule N. über den 29.3.2014 in Duchcov „Nazimarsch in Duchcov Tschechien“  Zugriff 29.3.2014 23:58 Uhr /// bei youtube gibt es ein Video von der bürgerwehrähnlichen Truppe der DSSS, welches die Nazidemo zeigt „Duchcov demonstrace

19.4. Praha (Prag 1 – Klárov): selbes Motto wie am 1.3.2014, Demo in der Nähe von Regierungsgebäuden, für die Demo sind um den Platz/Kreuzung  Klárov laut der Seite des Magistrats der Stadt Prag folgende angrenzende Straßen zwischen 14 und 18 Uhr gesperrt: nábřeží Edvarda Beneše, U Železné lávky, Kosárkovo nábřeží.

Der Anmelder der Kundgebung Pavel Matějný erwartet 100 Teilnehmer_innen.

Wie romea.cz berichtet ist für den 1.Mai 2014 eine Nazidemonstration für das mährische Brno zu erwarten. Artikel engl. hier

Desweiteren scheint es eine Nazi-Demo-Anmeldung für das schlesische Ostrava zu geben.

 1.5. Ústí nad Labem: angemeldete DSSS Demonstration mit ca. 500 Teilnehmer_innen, Parteichef Vandas kommt // evtl. Gegendemo von V Ústí neonacisty nechceme (Initiative In Ústí wollen wir keine Nazis) – es bleibt abzuwarten, wie bspw. die KSČM (Kommunistische Partei Böhmens und Mährens), die jährlich zum 1. Mai ein Fest (mit Würstchen und Blasmusik) im Stadtpark von Ústí veranstaltet, auf den parallel stattfindenen Nazimarsch reagieren wird, der vom Zentrum aus über die Straßen Revoluční, Panská, zum Špitálské náměstí und von dort aus weiter über die Pařížská, Dlouhá, Haltonská zurück zum Mírové náměstí führen wird.

Anfahrt Usti n L 01052014 und Demotipps Tschechien

+++ update 29.4.2014 +++

akutelle Infos zu der Wahlveranstaltung der DSSS am 1.5. in Ústí nad Labem siehe hier (inkl. weiterführender Links).

+++ update 29.4.2014 +++

1.5. Ostrava (bisher nicht bestätigt),  1.5. Brno Anmeldung durch Nazijugend zurückgezogen

3.5. Brno (DSSS- Wahlkampf)

10.5. České Budějovice (DSSS- Wahlkampf)

16.5.  Ostrava – Karviná (DSSS- Wahlkampf)

17.5. Sokolov (DSSS- Wahlkampf)

Links: 

+++ update 12.6.2014 +++

Am 7.6.2014 fand in Budišov nad Budišovkou eine Demonstration von ca. 80 Neonazis und Bürger_innen statt, welche vom DSSS Mitglied Petr Born sowie dem bekannten Neonazis Pavel Sládek Matějný als „Gedenkmarsch an Viktor Švarc“ angemeldet worden war. Dieser war im März dieses Jahres unter bislang ungeklärten Umständen gestorben, jedoch ging das auch von örtlichen Medien (siehe dieser Artikel in der regionalen Ausgabe des Denik) verbreitete Gerücht um, drei Roma seien an seinem Tod schuld gewesen.
Die Redner, welche am 7.6. sprachen, schürten dementsprechend den Hass auf die örtlichen Roma, indem sie bspw. die scheinbare Straffreiheit der vermeintlichen (Roma)Täter im Fall Viktor Švarc den hohen Haftstrafen im Fall Vítkov gegenüberstellten um damit herauszustellen, dass juristisch mit zweierlei Maß gemessen werde. Zusätzliche Brisanz erhielt dieser Teil der Rede sowie die gesamte Demonstration dadurch, dass die Familie von Natalie, die in Vítkov bei einem rassistischen Angriff heftige Verbrennungen erlitten hatte, nach Budišov nad Budišovkou umgezogen ist. Im Laufe der Demonstration kam es vielfach zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmer_innen der Demonstration und örtlichen Roma.

6 Kommentare

  1. Hat dies auf Der Paria rebloggt.

  2. […] und weiterführende Links: Ecoleusti Stand: […]

  3. […] Rassistische Nazidemos in Tschechien 2014. […]

  4. […] Bis in den Mai sind mindestens sieben weitere Anmeldungen von  Nazidemos zu verzeichnen. (hier klicken) Genau wie die NPD in Deutschland will die DSSS in Tschechien aus ihren rassistischen […]

  5. […] Bis in den Mai sind mindestens sieben weitere Anmeldungen von  Nazidemos zu verzeichnen. (hier klicken) Genau wie die NPD in Deutschland will die DSSS in Tschechien aus ihren rassistischen […]

  6. […] Am zurückliegenden Wochenende begann für die tschechischen Neonazis mit gleich drei Demonstrationen die Saison der auch in diesem Jahr zu befürchtenden Anti-Roma-Märsche. Am Samstag (15. Februar 2014) fanden sowohl in Ostrava und Karlovy Vary als auch erstmalig in Příbram Demonstrationen statt, die allerdings unter ganz unterschiedlichen Mottos standen.” https://ecoleusti.wordpress.com/2014/03/17/nazidemos-tschechien-2014/ […]

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